Der Altar der Tradition: Ein Blick auf die Geschichten von Familienunternehmen.
In Geschichten liegt eine scheinbar unerschöpfliche Kraft. Viele junge Unternehmen versuchen heutzutage, mit der Erzählung von Geschichten und wohldurchdachten, künstlichen Narrativen Ihre Anliegen auszudrücken, Aufmerksamkeit zu finden oder ihre Kund:innen zu berühren. Wem das durch teilweise jahrhundertelange Traditionen schon seit langer Zeit oft gut gelingt, sind Familienunternehmen. Dabei kann die unternehmerische Familiengeschichte Segen als auch Fluch sein. Auf die Art und Weise des Umgangs mit den geschichtsträchtigen Erlebnissen kommt es an.
Zum zweiten Mal wurden Ende letzten Jahres von der Stiftung Familienunternehmen die ältesten Familienunternehmen gekürt – diesmal 50 an der Zahl. An erster Stelle steht dort die auf Feuerverzinkungen spezialisierte Coatinc Company aus Nordrhein-Westfalen, deren Bestehen sich bis in das Jahr 1502 zurückverfolgen lässt. Auch die meisten darauf folgenden Unternehmen wurden noch vor der französischen Revolution gegründet und existieren als resiliente Unternehmensformen noch heute.
Blicken wir mit diesem Wissen auf die Tatsache, dass heute rund die Hälfte aller Unternehmen bis zu ihrem Ende nicht länger als fünf Jahre aktiv tätig ist (hier ein Einblick in die Entwicklungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz) und es nicht einmal fünf Prozent sind (wie Katrin Terpitz im Handelsblatt schreibt), denen der Übergang in die dritte Generation gelingt, zeigt sich umso mehr, wie einzigartig und besonders die Jahrhunderte alten Geschichten einiger weniger (Familien-)Unternehmen sind. So wird die Geschichte zu einem Geschenk, einer Quelle, einem Altar der Besinnung, aus der die folgenden Generationen schöpfen können. Dennoch tragen bspw. die Kriegsvergangenheiten einiger Unternehmen auch immer wieder zu negativen Wirkungen im Heute bei.
Was wir daraus lernen können? Erinnern Sie sich, dass Sie jetzt, in diesem Augenblick, Geschichte schreiben. Und entdecken Sie die Kraft, die vermutlich auch in Ihrer ganz individuellen (unternehmerischen) Familiengeschichte liegt. Schreiben Sie Ihre Geschichte auf, erzählen Sie sie Ihren Kindern und Enkelkindern – damit das Gute daraus auch in den kommenden Generationen weiterwirken und Ihr Familienwissen wachsen kann. Ihre Geschichte und der Kontext, aus dem Sie diese sehen und welche Zusammenhänge Sie als Wesentliche darin hervorheben, schafft eine Grundlage für die «Enkelfähigkeit», die Unternehmen und Familien auch weit in die Zukunft in lebendiger Bewegung hält.
Unternehmen altern so, wie auch wir Menschen altern. Dabei können sie sich verlangsamen und starr werden. Indem alle Beteiligten für Sich individuell und als Familie im Bewusstsein über ihre eigene Geschichte sind und diese aktiv weiterschreiben, gelingt es, den Pioniergeist des Unternehmens aufrechtzuerhalten und weiterzutragen. Wir von FUTUN haben bereits für einige Familien deren Familiengeschichten recherchiert und deren jeweils besondere Kernessenz herausgearbeitet. So sind wunderbare Sammlungen an Familienwissen entstanden, die die Identität und Identifikation mit der eigenen Herkunft stärken. Wir sind uns einig: Zukunft braucht Herkunft! Und beides findet oft Anfang und Ende vor dem Altar.
Fotografie: Ricardo Gomez Angel
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