Das Spiel mit der Paradoxie: Scheinbare Widersprüche in der Nachfolge.
«Folge Deinem Lebensweg und bleibe ein aktives Mitglied unserer unternehmerischen Familie» – solche und andere Paradoxien bewirken insbesondere im Transformationsprozess der Nachfolge sehr häufig intensive Emotionen. Gefühlshöhen und -tiefen, die die Herausforderungen des Generationenwechsels verstärken und nachvollziehbar machen.
Etymologisch findet der Begriff der Paradoxie seinen Ursprung im altgriechischen παράδοξος (parádoxos), was so viel bedeutet, wie «wider der (herrschenden) Ansicht, Meinung oder Vorstellung». Auch heute bezeichnet die Paradoxie eine (scheinbare) Widersinnigkeit, einen (scheinbaren) Widerspruch. In unternehmerischen Familien bestimmt diese «herrschende» Meinung zumeist von der Familie selbst, nicht etwa dem Unternehmen aus – für Letzteres soll sie jedoch häufig auch gleichermaßen gelten.
Paradoxien, in denen sich vermutlich viele wiederfinden, lauten auch «Sei Du selbst und folge dem, was wir uns als Eltern wünschen», «Verhalte Dich sowohl in Familie als auch Unternehmen/Vermögen gerecht», «Zeige Dich gegenüber Deiner Herkunftsfamilie loyaler als Deiner selbst gegründeten Kernfamilie» oder «Treffe rational eine emotionale Wahl».
Was dabei unterstützen kann, sinnstiftend mit und nicht gegen das Spiel der Paradoxien zu spielen, sind neue Betrachtungsweisen der vermeintlich wiedersinnigen Situationen – ein lebendiges Balancieren der beiden Pole: Den Anfang machen dabei die Offenheit und das Vertrauen dem Zusammenspiel mehrerer Lösungswege gegenüber – denn die eine, ideale Lösung gibt es nicht (1).
Als hilfreich erleben wir es in der Zusammenarbeit mit unternehmerischen Familien auch, ein bewusstes Familienmanagement zu etablieren, bspw. durch die Entfaltung einer Familienstrategie (2). Weitergehend erweist es sich als wirkungsvoll, die vorherrschenden Paradoxien zu lösen, u.a. durch eine klare Hervorhebung der Unterschiedlichkeit von Rollen in Familie und Unternehmen (3).
Wir ermutigen Familienmitglieder immer wieder, sich zu trauen, Konflikte klar zu adressieren und Unausgesprochenes bspw. mit einem/einer Mediator:in gezielt anzusprechen (4). Und: die familiäre oder unternehmerische Transformationen auch für die Weiterentwicklung von sich selbst als Individuum zu nutzen, ist ein Segen – so zeigt sich auch, welche Themenfelder in welchen Raum gehören (5). Insbesondere dieser Auseinandersetzung mit den ganz persönlichen Herausforderungen widmet sich auch das von unserem Kollektiv entwickelte Mentoring-Modell «FUTUN:FUTUR», zu dem wir bei Interesse gerne in einem Gespräch noch mehr erzählen.
Von wo geht bei Ihnen die «vorherrschende» Meinung aus? Inwiefern wird sie von der Familie beeinflusst und welche Rolle spielt das Unternehmen? Was würde sich verändern, wenn Sie sich als Familie und Unternehmen diese Meinung gänzlich anders bilden und eine bewussten Perspektivenwechsel einnehmen? Es kann große Freude bereiten, das Spiel der Paradoxien in einem nächsten Level balancierend weiterzuspielen.
Illustration: Johanna Benz
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