Was das Erbe vermag: So viel, wie noch nie.
Es wird so viel vererbt und entsprechend geerbt wie noch nie. Zwischen 200 und 400 Milliarden Euro sind es, die laut dem Statistischen Bundesamt jährlich als Erbschaften und Schenkungen in die Hände der nächsten Generation fliessen. Mit 50,2 Milliarden waren es 2020 in Deutschland rund doppelt so viel wie noch zehn Jahre zuvor. In der Schweiz ist es ähnlich: eine Studie der Universität Lausanne zeigte, dass rund jeder zweite Vermögensfranken in der Schweiz aus einem Erbe stammt. Die nach den Weltkriegen so potent erbauende Generation gibt nun an die nächste Generationen weiter. Welche Unterschiede entstehen dadurch im neuen Heute?
Johann Wolfgang von Goethe sagte, «[...] die der Eltern Güter und nicht ihre Tugenden erben, sind bloss halbe Erben.» Versteht man dieses Zitat als eine Haltung, ist es die Ganzheitlichkeit, die in der Vermögensnachfolge Halt gibt. Und auch eine dankbare Gesinnung den eigenen Eltern, bzw. der Geschichte, Kultur und Tradition gegenüber, in der alles wurzelt. Es geht nicht um den Vermögenswert allein, sondern genauso um die ideellen Werte, die die eigenen (Ur-)Eltern im Vermögensaufbau getragen haben.
Im Wissen um die zunehmenden Summen an Mammon, besteht nun die grosse Herausforderung umso mehr darin, das Vermögen gut zu erhalten und auch weiterzuentwickeln. Häufig wird vergessen, dass diese beiden Aufgaben mindestens so viel Mühe, Geschick und Können verlangen, wie der Aufbau selbst. Was zum Gelingen beitragen kann? Das Verständnis von Vermögen als eine Fähigkeit, zu gestalten; als ein Fliessmittel. Und in genau diesem Sinne stellt die nächste Generation andere Fragen an die Verwendung, den Zweck, bzw. Sinn des Geldes. Fragen, die den Anfang eines Prozesses bilden können, der zwischen den Generationen stattfindet und in Anlagerichtlinien, einer Vermögensgovernance, einer strategischen Asset Allocation (SAA) und weiterführend einem gut gesteuerten Familienbüro mit der Auswahl und der Kontrolle der richtigen Vermögensverwalter münden kann.
Optionen gibt es heutzutage (zu) viele. Und ist es dabei die rein monetäre, die ideelle Rendite oder der Impact, der zählt? Die Herausforderung besteht in der strategisch richtigen Entscheidung dafür, den Blick auch auf das zu richten, was vermeintlich hinter dem Vermögen steckt. Nicht ohne Grund steht im deutschen Grundgesetz «Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.» geschrieben (Art. 14, Abs. 2).
«Es braucht [...] die Fähigkeit, zwischen sich selbst und dem, was man geschaffen hat, zu unterscheiden. Das gilt für Werk wie Nachwuchs.», schrieb der brand-eins-Kolumnist Wolf Lotter in einem Beitrag über die Nachfolge. Ergänzen könnte man: Vielleicht braucht es auch die Fähigkeit, das zu verbinden, was Gut und Tugend ist.
Oder um abschließend noch einmal auf Goethe und seinen an die abgebende wie empfangende Generation gerichteten Leitgedanken aus «Faust» zu referieren: «Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen.»
In diesem Rahmen durfte FUTUN auch auf dem Wiener private banking kongress den Auftaktvortrag zum Thema «Wert(e) der Enkelfähigkeit? Mit unternehmerischen Familien von der Nachfolge zum Aufbau eines Family Offices» gestalten. Das grösste Private Banking Forum feierte damit am 18. November sein 10-jähriges Jubiläum. Fühlen Sie sich dazu eingeladen, sich den Vortrag in der Mediathek anzusehen.
Illustration: Johanna Benz
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