Von der Linie zum Kreis: Generationenwechsel als Zyklus verstehen.
Wie unternehmerische Familien und deren einzelne Mitglieder die Entwicklungswege verstehen, auf denen sie und ihr Unternehmen sich von Generation zu Generation bewegen, ist eine Frage der Perspektive. Eine Möglichkeit liegt sicherlich darin, sie im Sinne eines linearen Weges zu sehen. Einem Weg, der das Kommende im Sinne einer kausalen Ereigniskette vorausahnt. Einem Weg, der – bei so klarer Sicht auf die vor und hinter einem liegende Linie – eindeutig erscheint, doch dadurch auch nicht gegen Sackgassen, überraschende Umwege oder das bewusste Ignorieren dieser einen Linie gefeit ist. Einem Weg, in dem es Erfahrung, Vertiefung und Voranschreiten nur auf dieser einen Route gibt.
Eine andere Möglichkeit, Entwicklungswege zu erschließen, liegt darin, in ihnen etwas Zyklisches wahrzunehmen und anstelle einer Linie eine kreisförmige Spirale in den Blick zu nehmen. Im Sinne eines Kreislaufs, der sich aus wiederkehrenden, zusammenhängend aufeinanderfolgenden Elementen zusammenfügt. Dabei führt die Wiederholung nicht zur Behäbigkeit oder Monotonie, sondern trägt mit einem jeden Zyklus zur Vertiefung, Erweiterung und Erfahrung bei: sie ist strukturgebend – so, wie wir es auch in der zyklischen Anordnung unserer Uhrzeiten, Wochentage, Monate und vieler weiterer Naturereignisse erleben. Dabei durchläuft ein jeder Zyklus verschiedene Phasen – einen immer wieder neuen Anfang, einen Höhepunkt und Abschluss, in dem schon wieder das für den nächsten Anfang Notwendige liegt.
Wenn wir nun also das Leben, und somit auch das Unternehmertum, als einen lebendigen und sich in ständiger Bewegung befindlichen Entwicklungsprozess verstehen, wirkt es naheliegend, aus dieser Perspektive auch einen Versuch zu wagen und Nachfolgeprozessen im Sinne eines Zyklus zu begreifen. So wird das, was von Generation zu Generation entsteht, zu einer tragfähigen Grundlage mit der für das Neue notwendigen Agilität. Mit der Offenheit, die uns ganz anders vorankommen lässt, als das Verweilen im schrittweisen Weitergehen auf einer starren Linie. Im besten Falle ja sogar hin zu bisher kaum vorstellbaren, kreativen neuen Lösungen – auch auf neuen Bewusstseinsebenen. Denn nehmen wir das Zyklische als Perspektive ernst, schenkt es uns zum einen strukturelle Stabilität und lässt uns zum anderen in der Wiederholung das als Unternehmerfamilie Wichtige im Sinne der Enkelfähigkeit ko-kreativ von Generation zu Generation weiter kultivieren.
Fotografie: Juan Rojas