Ich sehe was, was Du nicht siehst: Vom Potential im Erwartungsmanagement bei Nachfolgelösungen.
Auch Unternehmerfamilien sind nicht davor gefeit, dass die verschiedenen Generationen das Gleiche – hier die Firma – betrachten aber etwas Unterschiedliches sehen. Das ist vor allem dann relevant, wenn es um die Nachfolgelösung geht und die «junge Generation» etwas anderes zu übernehmen scheint, als die «alte Generation» meint abzugeben. Mit einem frühzeitigen strukturierten Prozess des Identitätsmanagements können gegenseitige Erwartungen geklärt werden.
FamilienUnternehmerTUN
Es beschreibt für uns das Handeln, den Verstand, die Tiefenanalyse und die Wirkungen, die sich dadurch zeigen.
Ein geführter, unverkrampfter Prozess fängt die nächste Generation idealerweise ab dem frühen Teenager-Alter auf. Er löst die sorglos-verspielten Kindheitserlebnisse im Betrieb ab oder bringt die Jungen gar erstmals überhaupt mit der Firma in eine bewusste Berührung. Das beginnt in der Regel mit einer Teilnahme der Folgegeneration an periodischen Familienversammlungen, welche die Geschäftstätigkeiten und ihre Folgen informativ und unkompliziert thematisieren. Mit zunehmendem Alter und Ausbildung entwickeln sich Fragen und Meinungen, die durch die aktive Generation verständlich beantwortet werden wollen. Erste Dialoge und Debatten zur Firma entstehen – oder eben (noch) nicht. Es ist zu empfehlen, dass die Verantwortung für die Informationsvermittlung einer geeigneten Person klar zugewiesen wird[1]. Der Zugang zu Information und ein Dialog soll jederzeit möglich sein.
FamilienUnternehmerSEIN
Es beschreibt für uns das Gefühl, die Existenz und die Erlebnisse, die Menschen miteinander verbinden.
Oft besteht ein gewisser Erwartungsdruck an die nächste Generation, das eigene oder geerbte und entwickelte Lebenswerk der Familie im Blutstamm zu halten. Je früher sich beide Generationen über ihre jeweiligen Rollen im Klaren sind, desto besser kann das eigene Bewusstsein aktiv entwickelt werden. Während sich eine Seite frühzeitig mit der eigenen Vergänglichkeit auseinandersetzen sollte, ist ein graduelles Involvieren der anderen in den individuell gestalteten Rollen in und um oder auch abseits des Unternehmens zu konzertieren. Die unterschiedlichen Welten, in denen sich die Generationen befinden, bilden per se diverse Sichtweisen heraus. Die Kunst ist es somit, Tradition nicht als «Aufbewahrung der Urnen» zu verstehen, sondern das Wesentliche, die «Secret Sauce» der Unternehmung, «heute wirksam und zeitgemäss zu interpretieren» (Jean-Claude Biver).
Enkelfähigkeit im Denken und Handeln
Sie bedeutet für uns Zukunftsfähigkeit, Nachhaltigkeit & langfristige Wirksamkeit über Generationen.
Eltern sind in der Regel bestrebt ihren Kindern eine bessere Welt zu hinterlassen oder beste Startmöglichkeiten für deren Entwicklung zu schaffen. Ein entsprechendes dynastisches Denken im Familienunternehmen lässt sich glaubwürdig dafür nutzen, das Tun und das Sein der Firma konsequent in die ESG-Dimensionen zu überführen. Mit der Eignerfamilie als höchste moralische Instanz des Unternehmens lassen sich Markenführung, Firmenkultur und das Stakeholder Management im Sinne des «good corporate citizen» wirksam und immer mit einem realen Gesicht verbinden.
Ralph P. Siegl, lic.rer.publ. HSG und MSc (Econ) LSE, ist ehemaliger langjähriger Fremdgeschäftsführer bei einem Familienunternehmen. Er ist heute als Unternehmer und multipler Verwaltungsrat in mittelständischen privaten und börsenkotierten Firmen tätig und begleitet als Mitgründer von Experts for Leaders Firmen und oberste Entscheidungsträger in schwierigen Situationen. FUTUN kooperiert mit ihm u.a. in der Lösungsfindung bei Fragestellungen zu Fremdgeschäftsführungen sowie Equity Stories. Darüber hinaus ist Ralph P. Siegl inhaltlicher Mitgestalter des von FUTUN entwickelten Gesellschafter:innen-Qualifizierungs-Programms und hat sich an der letzten u.a. durch FUTUN initiierten Publikation mit einem Beitrag beteiligt.
[1] «Wenn ein Kind was fragt, kann man ihm das schliesslich erklären.» – siehe Kurt Tucholsky, «Wo kommen die Löcher im Käse her?» – Ein anschauliches Beispiel, wie es in diesem Zusammenhang nicht ablaufen sollte.
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